Wie im Film

HANNES SABATHI

Hannes Sabathi ist ein Denker, der auf seinen Bauch hört. Im Spannungsfeld zwischen Kopf und Intuition macht er Weine, die seiner Persönlichkeit entspringen.

„Ein wenig ein 
Spinner muss
man sein“

GROSSE STK LAGE
KRANACHBERG
 46°43.187'N, 15°29.473'E

Es gibt einen wiederkehrenden Moment im Leben von Hannes Sabathi, einen, der sein Schaffen und seinen Charakter beschreibt wie kein anderer. Doch Sabathi weiß nicht, wie er ihn beschreiben soll. Geschweige denn, wann er eintritt. Er weiß nur: Es ist der Moment, in dem der Winzer seine Gedanken ausblendet ­ – und sich von seiner Intuition leiten lässt. Wenn die Erfahrung dem Bauchgefühl weicht, wenn der Winzer über Wein spricht und seine Sätze mit einem lächelnden „Hea zua...“ beginnt – dann ist der Moment gekommen.

Hannes Sabathi genießt die wärmende Sonne des späten Nachmittags, er sitzt auf einer schlichten hölzernen Bank vor seinem Haus inmitten seines Weinguts in der Südsteiermark, das er schon im Alter von 18 Jahren übernommen hat. Das Wohl seiner Gäste ist ihm wichtig, er umsorgt sie unauffällig und doch aufmerksam, er nimmt sich Zeit und teilt sein Zuhause wie ein Gentleman der alten Schule. „Du musst als Winzer kein Patriarch sein“, sagt Sabathi und entkräftet jeden pauschalen Verdachtsmoment, bevor er hinzufügt: „Aber ein bisschen ein Spinner, das schadet nicht“. Er lacht warmherzig und man hat das Gefühl, dass dieser Mann einen sehr nah an sich heranlässt. Sabathi vertraut – in seine Gäste, seinen Wein und dabei vor allem: in seine Intuition.

1999 übernahm er den Hof, dessen Geschichte bis ins Jahr 1860 zurückreicht und der bis dato noch eine gemischte Landwirtschaft war, und widmete ihn und sich selbst fortan ganz und gar dem Wein. Bodenständigkeit ist Sabathi wichtig und bedeutet in seinem Fall eine enge Verbundenheit mit dem Kranachberg, den man nach einem Gespräch mit dem Winzer sofort als „seinen Berg“ titulieren möchte. Die frische Mineralik seiner Weine entstammt dem sandigen Schotterboden, der zugleich als Fundament der persönlichen Entwicklung und des Charakters Sabathis dient. 

„Mein Wein“, sagt Sabathi gerne, „ist ein bisschen so wie ich: Er ist kompliziert“. Seine Reben belohnen die ganzjährige harte Arbeit in den steilen Lagen im Herbst mit satten, reifen Trauben, die zu authentischen Weinen werden und dabei die Persönlichkeit des Winzers in sich tragen. „Wenn ich Wein mache“, sagt Sabathi und beschwört wieder die Kraft der Intuition, „höre ich stets auf meinen Bauch“. Er könne nicht erklären, warum er Entscheidungen trifft und wodurch sein Handeln bestimmt wird: „Es ist wie ein Film, der da vor mir abläuft und in dem ich mich treiben lasse“, sagt er.

Die Freiheit, mit der Hannes Sabathi seine Weine macht, ist ein seltener Luxus unter den Winzern der STK. „Ich muss nicht so sehr wie andere Tradition und Marke verteidigen“, erklärt der Winzer, der 2012 in den Verbund der STK-Winzer aufgenommen wurde. Er kann stundenlang über Wein philosophieren und wahrt dabei doch stets die kritische Distanz des Künstlers zu seinem Werk: „Wein muss mich fordern“, sagt er und verweist auf das gemeinschaftliche Streben der STK-Winzer nach höchster Qualität und stetem Fortschritt, zugleich mahnt er jedoch vor Übermut: „Es gibt eine natürliche Grenze im Wein, an der er sein ganzes Potenzial entfaltet. Wer sie überschreitet, der nähert sich dem Künstlichen an“.

Dass der südsteirische Wein nicht nur kulinarisch fordert, ist für Hannes Sabathi zusätzliche Motivation. Die steilen Lagen, die harte Arbeit bei Wind und Wetter – all das ist für ihn Ausdruck der einzigartigen Beziehung zwischen Winzer und Natur: „Die Macht hat immer die Natur. Alles, was du hast, ist einmal im Jahr die Chance, das Beste daraus zu machen“. Zumindest jährlich also kommt dieser Moment, in dem Hannes Sabathi der Natur einmal sagen kann: „Hea zua...“.

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