Herr der Gegensätze

WOLFGANG MAITZ

Seiner inneren Balance folgend macht Wolfgang Maitz Weine, die auf eine Reise einladen möchten. Zu einem Ort, an dem Spontanität und Beständigkeit kein Widerspruch sind.

„Das Unberechenbare
hält uns munter“

Wolfgang Maitz überlegt. Er atmet ein, als hole er zur Antwort aus, ganz kurz huscht ein Grinsen über sein Gesicht. Dann: nichts. Er sitzt an einem massiven hellen Holztisch und blickt noch einmal durch die Glasfenster über seinem Restaurant nach Süden über den Hochstermetzberg, wo der Sauvignon blanc in der Sommersonne reift. Es wirkt, als mache ihm das Überlegen mehr Freude als das Reden, so wie das Weinmachen für ihn interessanter ist als das Trinken. Dann atmet er wieder ein, holt erneut zur Antwort aus, dieses Mal hat er gefunden, wonach er in seinen Gedanken gesucht hat: einen Vergleich. Er sagt: „Wir haben heute das Glück, unseren Wein wie ein Kunstwerk gestalten zu können. Er muss nicht mehr jedem gefallen“.

Wer Wolfgang Maitz zuhört, hat stets das Gefühl, einem inneren Widerspruch zu lauschen. Als säße da ein Mann, der wie ein Pendel ausschlägt zwischen zwei Polen, zwischen nachdenklicher Ruhe und rastloser Spontanität. Wolfgang Maitz ist Philosoph und Bauer zugleich, Heimatverliebter und Weltenbürger, Traditionalist und Erneurer. In dritter Generation führt er das seit 1957 bestehende Weingut in Ratsch an der Südsteirischen Weinstraße und setzt auch dabei auf die perfekte Mischung aus Alt und Neu.

Die Buschenschank des Guts schloss er, nur um die gastronomische Ader mit einem eigenen Restaurant furios aufleben zu lassen. Den Wein hingegen betrachtet er als familiäres Kulturgut, fernab schneller Trends und dem Verlangen des Massenmarktes: „Wir bedienen keine Erwartungshaltungen, sondern nehmen unsere Kunden mit auf eine Reise“, sagt Wolfgang Maitz. Seine leisen, gefühlvollen Weine spiegeln diese Einstellung selbstbewusst wider, statt blendender Effekte setzen sie auf langsame Entfaltung und kulinarische Begleitung: „Es gibt eine Ebene neben dem Geschmack, auf der Wein uns berühren kann“, sagt Maitz. „Und genau dort findet sich das Glücksgefühl, um das es mir geht“. Die Weine sind Erzähler, ganz so wie ihr Erzeuger.

So klar definiert die Vision des eigenen Weines ist, so offen ist Wolfgang Maitz für die Welt um ihn herum. Die enge Verbundenheit mit der Heimat und das Bewusstsein für die Weinregion lebt der engagierte Touristiker ebenso aus wie die eigene Lust am Reisen. „Wein“, sagt Maitz und überlegt, weil er wieder ein Gleichnis gefunden hat, „funktioniert weltweit, wenn er regional funktioniert. Wer Wein trinkt, geht auch auf eine Reise und die Steiermark kann eines der Ziele sein, das Genießer von überall her auswählen“.

Maitz, der Denker und Reiseleiter, hält inne. Er wirkt, als wolle er kurz jeden Verdacht der Schwafelei abschütteln und sagt: „Ich weiß, wie dankbar ich sein muss, in einer Zeit Wein zu machen, in der die Steiermark bereits etabliert ist und die Ausgangslage nicht besser sein könnte“. Er lächelt und blickt wieder gen Süden, auf seinen Berg. „Geld“, sagt der Philosoph in ihm, „ist immer der Feind der Kreativität und der Innovation“. Es seien die Generationen vor ihm gewesen, die das Fundament legten für das, was Wolfgang Maitz heute erntet: grandiosen Wein und die Anerkennung dafür.

Dass Wolfgang Maitz im Weingut trotzdem alles selbst macht, die dreckige Arbeit an verregneten Herbsttagen genauso wie die schweißtreibenden Wochen im Hochsommer, empfindet er nicht als Preis für all die Wertschätzung, sondern als Glücksfall: „Das Klima ist es doch, das uns munter hält. Wir haben einen Beruf, der das Glück mit sich bringt, mental und körperlich zugleich zu fordern“. Für einen Moment ist Maitz wirklich beides: Philosoph und Bauer, Denker und Macher. Und plötzlich ist da kein Widerspruch mehr.

GROSSE STK LAGE
HOCHSTERMETZBERG
N 46° 41'27,5“ E 15° 33'38,5“

Schräger StrichSchräger Strich