Deutliche Stille

GEORG WINKLER-HERMADEN

Georg Winkler-Hermaden ist so unaufdringlich und zugleich ausdrucksstark wie sein Wein. Über einen, der nicht viel sagen muss, um gehört zu werden.

„Geht die Tradition
verloren, geht alles
verloren“

In dem alten Gemäuer riecht man den Wein. Er quillt zwischen jeder Fuge hervor, er steckt im Holz und durchzieht die Luft. Der kalte Stein hinter dem Rücken von Georg Winkler-Hermaden bildet einen seltsamen Kontrast zu der Warmherzigkeit, mit der der Gutsherr einem noch einen Schluck Wein einschenkt. Er sitzt an einem riesigen Holztisch, der das kleine, spärlich beleuchtete Zimmer hinter dem Verkaufsraum des Weinguts am Fuß des Schloss Kapfensteins zu einem Großteil ausfüllt. Seine Augen sind wach und er lauscht aufmerksam den Erzählungen seiner Liebsten. Er mag das. Zuhören, lachen und sich um das Wohlergehen seiner Familie, Freunde und Gäste kümmern. Er muss nichts sagen und es spricht für ihn, dass man trotzdem das Gefühl hat, Georg Winkler-Hermaden zu verstehen.

Die Alleinstellungsmerkmale in der Vita des Winzers reichen, um den Menschen Georg Winkler-Hermaden zu umreißen: Der östlich gelegenste STK-Betrieb ringt der Vulkanerde neben zeitlos schönen Weißweinen vor allem die facettenreichsten und größten Rotweine der Steiermark ab. Die Familie bewirtschaftet das sehenswerte Schloss Kapfenstein und wer die Weinberge zum Schloss hinaufwandert, kann einen Blick auf die Schafherde des Winzers werfen. „Ich bin mit ganzem Herzen Bio-Bauer“, sagt dieser und lacht. Es ist ein warmes, herzliches, aber zugleich unaufdringliches Lachen, wie es nur von einem kommen kann, der ganz und gar in sich ruht.

Und von einem, der in Bescheidenheit und noblem Understatement keine Masche, sondern Ausdruck seiner Persönlichkeit sieht. Wer Georg Winkler-Hermaden beobachtet, sieht einen schüchternen Mann, der zu keinem Zeitpunkt wirkt, als wäre er der erfolgreichste Mensch im Raum, geschweige denn der wichtigste Arbeitgeber der ganzen Region. Tradition ist für den Winzer keine Bürde der Vergangenheit, sondern im engen Familienbund gelebte Ehrensache: „Geht die Geschichte des Weins und jener verloren, die ihn machen, dann geht das ganze Gut den Bach runter“, sagt Winkler-Hermaden. Wenn er spricht, wird es plötzlich still um ihn. In seiner leisen, aber klaren Stimme schwingt das Charisma mit von einem, dem die leisesten Töne zu aller Deutlichkeit genügen.

Am Weingut Winkler-Hermaden ist Tradition gelebter Alltag, Herkunft und Zukunft zugleich. Die ganze Familie packt in den schweißtreibenden Sommermonaten mit an, wenn die kräftezehrende Arbeit in den Weinbergen am Programm steht, und teilt sich das ganze Jahr über die Bewirtschaftung von Schloss und Gut auf. Georg Winkler-Hermaden denkt lange nach, wenn man ihn nach der harten Arbeit als Winzer fragt. Um fünf Uhr morgens steht er oft schon im Weingarten und er ist der Letzte, der ihn abends verlässt. Ob es all die Opfer wert ist? „Der Kampf mit der Natur“, sagt er und macht eine Pause, als wolle er sichergehen, der Natur keine Bosheiten zu unterstellen, „ist natürlich immer eine Herausforderung, aber gleichzeitig eine extreme Motivation“.

Die Naturverbundenheit und die Nähe zur Region machten die Umstellung des Guts zum Bio-Betrieb für Winkler-Hermaden zur Ehrensache. Für den Winzer ist das nicht nur eine logische, sondern auch eine strategische Entwicklung: „Ich glaube, dass Bio-Wein in den nächsten zwanzig Jahren eine Selbstverständlichkeit werden wird“. Eine Vorreiter-Rolle streitet der schüchterne Mann dabei selbstverständlich ebenso ab wie eine Vorbild-Funktion. Dass aber immer mehr Betriebe weltweit auf Bio umstellen, ist der Beweis dafür, dass der Denker Georg Winkler-Hermaden wieder einmal nicht viel sagen musste, um verstanden zu werden.

_MIK9318_MIK9318

GROSSE STK LAGE
KIRCHLEITEN
46°53'18.6"N 15°58'38.5“E

Schräger StrichSchräger Strich